„one.“ - Vom Chaos zur Ordnung
Die Büchse der Pandora
Die Geschichte von „one.“ und damit auch die von „otaku“ beginnt im Frühsommer 2021. Eines Tages erzählte mir ein guter Freund eher beiläufig, dass er sich einen 3D-Drucker gekauft habe, um endlich eigene Teile für sein Hobby drucken zu können. Und obwohl ich schon seit 1996 als selbstständiger Produktdesigner arbeitete, hatte ich keinen 3D-Drucker. Ich ärgerte mich über meine eigene Dummheit und kurze Zeit später besaß ich meinen eigenen 3D-Drucker - einen Anycubic Mono X.
Ich druckte erfolgreich meine ersten Entwürfe und war stolz, endlich meine Ideen in den Händen zu halten und sie quasi zum Leben zu erwecken.
Nach den Sommerferien stieß ich auf Wicked - ein Team von Enthusiasten, die erstaunliche 3D-Modelle von Marvel- und Star Wars-Charakteren herstellen. Die Modelle erinnerten mich an meine Kindheit und die Star Wars-Figuren, die ich besaß. Ich war regelrecht süchtig danach und wurde bald darauf Mitglied bei Patreon.
Ich druckte die ersten Modelle aus. Nach einer Weile wurde mir das graue Resin aber zu langweilig, also kaufte ich mir meine ersten Farben und Pinsel und fing an, die Modelle zu bemalen.
Ich hatte die Büchse der Pandora geöffnet.
Schau mal, Mama, Papa sammelt Stöckchen!
Zu ein paar Farben und ein paar minderwertigen Pinseln aus dem Internet gesellten sich schnell weitere Farben. Dann bessere Pinsel, eine Airbrush-Pistole und -Kabine, Washes, Dioramenpasten, Kleber, Polysterolplatten, Bases, ein Proxxon, geeignete Bohrer, Fräs- und Schleifbits, Kunstschnee und Schleifschwämme. Dann eine vernünftige Schleifscheibe, ein zweiter, größerer 3D-Drucker, mehr Resin, ein Heißdrahtschneider, noch bessere Pinsel, Spachtelmasse, Gras-Büschel und anderes Geländebauzubehör. Im ersten Urlaub nach meinen ersten bemalten Figuren saß ich wie ein Kind am Strand und sammelte Sand und kleine Äste - sehr zur Belustigung meiner Frau und meines 12-jährigen Sohnes. Meine Abende verbrachte ich nun damit, mir Videos von beliebten YouTubern anzusehen, um Techniken zu erlernen und auszuprobieren. Und natürlich mit dem Malen. Meine Sammlung von Malutensilien und fertigen Figuren wuchs schnell, und schließlich leerte ich die alte Küche in meinem Büro und breitete mich mit meinem Hobby dort aus. Mittlerweile hatte ich weit über 450 verschiedene Farben von den unterschiedlichsten Herstellern.
Wo ist das verdammte Grün?
Mein Hobbyraum versank schnell im Chaos. Unzählige Farben standen auf den Tischen, Pinsel lagen herum - ich hatte kaum Platz, um effizient zu arbeiten. In den Schränken war das Chaos noch größer. Tuben mit Ölfarben, verschiedene Kleber, Spraydosen, Schleifpapier, Ersatzfarben. Das machte meine Arbeit noch chaotischer. Ich verbrachte immer mehr Zeit damit, die richtigen Farben, Werkzeuge und Klebebänder zu suchen. Schließlich gewann der professionelle Designer in mir die Oberhand. Mir wurde klar, dass ich eine gewisse Ordnung und Struktur schaffen musste, wenn ich einigermaßen konzentriert arbeiten wollte. Also entwarf und druckte ich meine ersten Farbhalter und benutzte sie zusammen mit billigen Bilderleisten, um ein Ordnungssystem zu schaffen. Aber der Platz, den ich auf diese Weise schuf, wurde schnell zu klein. Ich brauchte eine andere, raffiniertere Lösung. Sie sollte mit dem wachsenden Ordnungsbedürfnis und den sich wie von selbst vermehrenden Farben mitwachsen können. Sie sollte modular, variabel und kompakt sein. Außerdem sollte sie mit möglichst vielen Produkten namhafter Hersteller kompatibel sein und sich an der Wand befestigen lassen, damit mein Schreibtisch frei bliebe.
So war die Idee für „one." geboren.
Licht schneidet
Die ersten Skizzen waren schnell angefertigt.
In den folgenden Tagen entstanden drei unterschiedlich große Regale, die bestimmte Maße gemeinsam hatten, um die gewünschte Modularität zu gewährleisten. Das kleinste, quadratische Modul war genau halb so hoch wie das hochformatige Modul und halb so breit wie das querformatige Modul. Es hatte drei Fächer, die beiden größeren jeweils sechs. Ich stattete die Fächer mit einem System aus, das verschiedene Einsätze aufnehmen konnte. Diese Einsätze waren auf die Farben und Produkte eines bestimmten Herstellers abgestimmt und konnten je nach Größe und Form unterschiedlich viele Flaschen aufnehmen. Sie konnten bei Bedarf einfach herausgenommen und durch andere ersetzt werden. Schon in der ersten Entwurfsphase wurde mir klar, wie flexibel und praktisch dieser Ansatz war. Zuerst entwarf ich den Korpus des Regals, dann einige der Einsätze und simulierte das Einsetzen, Befüllen und Entnehmen in 3D.
Ich kaufte einen Laser-Cutter, um Prototypen schneiden und testen zu können. Zu diesem Zeitpunkt beschloss ich auch, für die Regale so weit wie möglich natürliche und nachhaltige Materialien zu verwenden.
Weniger, aber besser
In den folgenden Wochen baute ich mehrere Regale in allen drei Ausführungen, entwarf und schnitt Einsätze für alle meine Farben zu und ordnete meinen Hobbyraum neu. Außerdem entwarf ich verschiedene Arten von Einsätzen, da ich in jedem Fach je nach Art und Größe möglichst viele Farbflaschen unterbringen wollte. Das Ergebnis waren insgesamt fünf Arten von Einsätzen: Planar, Step, Slope, Drawer und Foam.
Nachdem die Prototypen an meiner Wand montiert waren, wurde mir klar, wie viel Platz und Ordnung ich in meinem Hobbyraum geschaffen hatte. Je mehr Zeit ich von da an mit Malen verbrachte, desto mehr verliebte ich mich in die Idee. Schließlich ließ ich die Regale, ihre Funktion, die Einsätze und das Design patentieren und gab dem Kind einen Namen: „otaku“. Am Ende entschied ich mich gegen die Idee von drei verschiedenen Regalgrößen. Ich hielt es mit Dieter Rams, einem der bekanntesten deutschen Industriedesigner, der einmal sagte: „Weniger, aber besser“.
Die Prototypen hatten zunächst den Arbeitstitel „bento“ erhalten, weil sie an Bento-Boxen erinnerten.
„otaku" aber beschreibt uns und unsere Liebe zu unserem Hobby in einem Wort. Es kommt aus dem Japanischen und beschreibt jemanden, der „viel Zeit und Leidenschaft in sein Hobby investiert“. Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen.
Da ist noch mehr drin...
Seitdem ist eine Menge Zeit vergangen.
Ich habe unzählige Prototypen gebaut, Detaillösungen skizziert und verfeinert und viele davon wieder verworfen. Aus „one." ist ein Produkt geworden. Es löst die Probleme, denen wir in unserem Hobby täglich begegnen. Es bringt Ordnung und Klarheit. Es verschafft uns einen schnellen Überblick über unsere Farben und Vorräte und wir entscheiden je nach Bedarf, was wohin kommt. Und es wächst mit unseren Anforderungen.
Und obwohl ich nun schon seit über einem Jahr fast täglich an dem Projekt „one." arbeite, bringt es mich immer wieder auf neue Ideen für zukünftige Lösungen.
So habe ich kürzlich einen neuen, leistungsstarken, riesigen Laser gekauft, den ich passenderweise „Red Devil“ getauft habe. Und ich arbeite bereits an neuen Ideen für „one.". Einige sind aus Holz, andere aus Keramik, und wieder andere bringen Licht ins Dunkel.
Die Geschichte von „one." ist noch lange nicht zu Ende.
